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Buchbesprechungen – keine Verrisse …

@Design

Rüstzeug für Gestalter

„Design ist wenn man trotzdem kann.“ Hinter diesem Zitat von Peter Sloterdijk verbirgt sich das Hauptanliegen dieses Buches: Die wirksamen Prinzipien von Kommunikationsdesign für Jeden umfassend und verständlich darzustellen.

@Design
Ästhetik, Kommunikation, Interaktion
Christof Breidenich
Springer-Verlag x.media.press, Berlin/Heidelberg, 2010
Gebunden, 175 Seiten
farbig illustriert
ISBN 978-3-642-03532-6
EUR 39,94

Zugegeben, der Einstieg ist selbst für Profis eher schwierig. Streckenweise gedrechselte Formulierungen und eine Vielzahl von Fremdworten – wo Deutsch ausgereicht hätte – lassen schnell die Vermutung aufkommen, dass man aus diesem Buch nicht viel Nützliches mitnehmen kann. Dieser Eindruck verflüchtigt sich nach einigen Seiten, wenn das exzellente Vorgehen des Autors deutlich wird.

Das Buch ist wohl das derzeit aktuellste und wichtigste deutschsprachige design-, kommunikations- und medientheoretische Werk, das sich auch an Laien des Fachs wendet. Großzügige Illustrationen mit treffenden Beispielen komplettieren die sehr gut strukturierten Texte. Ergänzt wird es durch umfangreiche Anhänge und Referenzen.

Der Autor führt den Leser durch einen weitläufigen Parcour von Stationen wie: Vergleich alter und neuer Medien, gesellschaftlich Bedeutung der Kommunikation, Wahrnehmungspsychologie, formale und inhaltliche Grundlagen der Gestaltung, geschichtliche Perspektiven, Unterschiede zwischen Kunst und Design, Ästhetiktheorie und Kontextdesign.

Dass Christof Breidenich zum Thema „Schnittstellen analoger und digitaler Medien“ promoviert hat, kommt dem Buch zu Gute und macht es zu einem gesamtästhetischen Genuss. So kommen viele seiner Kernaussagen und Vergleiche aus Bereichen wie Architektur, darstellende Künste und Straßenkultur. Die Omnipräsenz der Anwendungen des Internetzeitalters werden im historischen Kontext geschickt relativiert.

Wer in diesem Buch praxisfreundliche Vorlagen für die Gestaltung interaktiver Anwendungen erwartet, wird enttäuscht. Der Autor legt vielmehr Wert auf das Implantieren oft provokanter Aussagen, die zum Selberdenken und Selbermachen anregen: „Die Software kann immer nur das, was ihre Hersteller für möglich halten.“ oder „Der Amateur ist längst mit dem Profi verschmolzen, wenn er gemerkt hat, wie Kommunikation funktioniert.“

Trotz der unglaublichen Komplexität der heutigen Medien, wird deutlich, dass oft nicht mehr als grundlegende fachliche Kenntnisse in Ästhetik, Kommunikation und Interaktion – sowie ein gehörige Portion Mut – nötig sind, um erfolgreiche Gestaltungen zu entwickeln. Mut gehört schon dazu, wenn es darum geht mit Dingen umzugehen, ohne sie ganz zu verstehen, Erwartungen zu brechen und mit dem Unterschied zwischen Intention und Interpretation zu spielen.

Eine Gestaltung funktioniert, wenn Anschlußhandlungen stattfinden. Diese Prämisse ist die Grundlage aller interaktiven, vernetzten Anwendungen und Designs. In einer Welt in der Menschen sich immer weiter spezialisieren – immer weniger immer besser können – wird die Universalität des Kontextdesigners immer unverzichtbarer.

Am Ende des Buches fasst der Autor zusammen: „Mit dem Wissen, dass Medien immer nur durch ihre Modellhaftigkeit funktionieren, und das Kommunikation immer über Nichtidentität und Abweichung von Gesagtem und Gemeintem funktioniert, haben wir als Gestalter das Rüstzeug für den Umgang mit interaktiven Anwendungen und globaler Vernetzung.“

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