Entfesselungstricks
Auch dieses Buch hatte ich eigentlich gar nicht vor zu lesen. Es lag auf dem Nachttisch meiner Liebsten. Sie hatte es von einer Freundin geliehen bekommen. Viele der Seiten waren am oberen Rand mit Eselsohren markiert. Das machte mich neugierig. Die Illustration des angeketteten Elefanten auf dem Cover führte mich gleich in die erste Geschichte.
Komm, ich erzähl dir eine Geschichte
von Jorge Bucay
übersetzt aus dem Spanischen
von Stephanie von Harrach
Fischer Taschenbuch, Frankfurt 2008
Gebunden, 288 Seiten
ISBN 978-3596170920
12,5 x 1,9 x 19 cm
Taschenbuch EUR 12,-
Hörbuch EUR 9,95 im Audible Abo
In dem Buch geht es um Demian, einen jungen Mann, der in Buenos Aires regelmäßig zur Psychotherapie geht, bei Jorge, dem Dicken, der die Sitzungen Mate trinkend und meist im Plauderton anleitet. Die Dialoge, die Fragen und Antworten der beiden Protagonisten sind nur Prolog und Epilog zum Hauptteil einer jeder Sitzung, eines jeden Kapitels …
Der Kern ist nämlich eine Geschichte, ein Märchen, eine lehrreiche Erzählung, in der der Konflikt oder das Thema des Tages anschaulich dargestellt wird. Auf vielfältige Art werden wir in jeder der mehr als fünfzig Sitzungen, mit der Nase auf alle Tricks gestoßen, die uns unsere Psyche spielt und die uns daran hindern, das uns innewohnende Potential zu entfalten.
Unter anderem gelingt es dem Autor bravourös, auf nur knapp zwei Seiten, die wesentlichen Unterschiede der drei gängigen Therapieformen — Psychoanalyse, Behaviorismus und Gestalttherapie — so herauszuarbeiten, das auch ein Laie sie gut versteht. Der Autor Jorge Bucay, führt uns als Gestaltherapeut an wichtige Erkenntnisse von Psychologie, Philosophie und Soziologie – aber auch an uralte Volksweisheiten heran.
Mich hat das Buch gefesselt. Ich werde es mir selbst besorgen, es wieder und wieder zur Hand nehmen und kann es jedem empfehlen, der sich mit psychotherapeutischen Ansätzen vertraut machen, den menschlichen Geist besser verstehen – oder auch einfach nur die eigene Psyche auf Schwachstellen abklopfen möchte.
Wie das von mir zuletzt rezensierte, hat auch dieses Büchlein das Format der Taschenbibliothek, allerdings in etwas weniger bibliophiler Aufmachung. Ich vermisse das Lesebändchen.