Alles wird gut
Ein König, und nicht irgendeiner, sondern der zu seiner Zeit mächtigste Herrscher der bekannten Welt, hat abgedankt und verbringt seinen Lebensabend in einem zugigen, feuchten Kloster in den Bergen Südwestspaniens. Er hadert mit sich und seinem Leben. Seine Memoiren hat er gerade dem Kamin anvertraut. Doch es naht Rettung in Form einer unerwarteten Reise …
Reise nach Laredo
Roman von Arno Geiger
Carl Hanser Verlag, München 2024
Gebunden, 272 Seiten
ISBN 978-3446281189
13,5 x 20,8 x 2,5 cm
EUR 12,-
Audio-CD EUR 26,-
Hörbuch EUR 9,95 im Audible Audio
Schon die Coverillustration von Stefanie Naumann, die mittels künstlicher Intelligenz generiert wurde, ist wunderschön und steigert die Vorfreude fürs Lesen. Vor einigen Jahren habe ich die gleiche Region zur gleichen Jahreszeit bereist. Viele meiner Eindrücke wurden beim Lesen wiederbelebt. Zumal ich mich bei der Lektüre keine 300 km entfernt vom Ziel der Reise des Romans befand.
Arno Geiger ist mit diesem Buch ein ganz großer Wurf gelungen. Vor mehr als zehn Jahren las ich begeistert „Der alte König in seinem Exil“, über die Demenz seines Vaters. Das neue Buch knüpft gefühlt hier an. Die subtilen Schilderungen der Gemütszustände, Wahrnehmungen und Gedanken des abgehalferten, bereits vom nahen Tode gezeichneten König, haben mich in ihren Bann gezogen.
Die Persönlichkeit des Königs und die der wenigen anderen Protagonisten des Buchs, werden so greifbar gezeichnet, dass man meint, sie schon ewig zu kennen. Die Beschreibungen von Handlung und Landschaft sind so plastisch, dass man meint, schon einmal dort gewesen zu sein. Drehbuchreif. Das Buch schreit danach, verfilmt zu werden.
Schon nach den ersten Seiten habe ich Wikipedia und andere Quellen zum Hintergrund dieser fabulierenden Geschichtsschreibung befragt und bin immer mehr ins Staunen gekommen darüber, wie geschickt Fakten und Fiktion verwoben wurden. Ich bin von jeher der Auffassung, dass eine gute Geschichte mindestens zur Hälfte erdichtet sein muss.
Dieser Wunsch wurde mir erfüllt. Arno Geiger hat tief die Trickkiste des magischen Realismus gegriffen. Mit Blicken in die Welt der Ausgegrenzten, in die Neue Welt und die Welt der Fabelwesen. Aber das macht er auf so elegante Weise, dass man sich, wie bei einem Illusionisten oder Zauberer, fragt: Wie hat er das gemacht? Im letzten Kapitel erfolgt dann eine Auflösung.
Das Papier ist griffig, die Schriftgröße ausreichend, nur die enge Stellung im Blocksatz irritiert manchmal, wenn am Satzende der Abstand von Punctum und Satzanfang verschmelzen. Und, ich vermisste ein Lesebändchen. Die Klappen des Schutzumschlags als Lesezeichen benutzend, haben immer wieder Eselsohren gezeitigt.
Der Autor ist heute so alt, wie der König war, als er abdankte. Ich bin bereits acht Jahre älter, als der König am Ende geworden ist. Die Lektüre ist eine Wohltat für alle, die mit sich ins Reine kommen wollen.
Am Ende wird alles gut. Und wenn noch nicht alles gut ist, dann ist es auch noch nicht das Ende.